„Gott aber sieht das Herz an“

Veröffentlichung zur Weisheitlichen Theologie

Der neue Band in der Reihe „Begegnungen“ geht auf die Metapher des Herzens in der christlichen Tradition und in der Gegenwart ein  und dokumentiert die Beiträge der gleichnamigen Tagung aus dem Jahr 2013.

Vogelsang, von Lüpke (Hg.): „…Gott aber sieht das Herz an“

„… Gott aber sieht das Herz an“
Das Herz in der christlichen Tradition
und in der Gegenwart
Hg.: Frank Vogelsang, Johannes von Lüpke
(= Begegnungen 39)
Bonn 2014
ISBN 978-3-937621-46-3
9,00 Euro

Das Buch ist über den Buchhandel zu beziehen oder direkt bei der Akademie. Bei Direktbestellung bei der Akademie kommen Portokosten (Büchersendung) hinzu.
Bestellen

Der Titel des Buches ist dem Alten Testament entlehnt
Der Titel dieses Buches und damit auch der Tagung, die das Buch dokumentiert, ist der Bibel, dem 1. Buch Samuel, entnommen. Samuel soll den künftigen Gesalbten und König Israels finden und nimmt zunächst einen großgewachsenen jungen Mann in den Blick. Doch Gott lenkt die Aufmerksamkeit Samuels auf den kleineren und äußerlich unscheinbaren David. Dies wird kommentiert mit den Worten: „Denn nicht sieht der Herr auf das, was ein Mensch sieht. Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an.“ (1. Sam 16, 7).

Das Herz ist in den biblischen Texten eine zentrale Metapher
Das Herz ist eine der zentralen Metaphern biblischer Texte für das Wesen des Menschen. Im Herzen entscheidet sich, wer ein Mensch eigentlich, im tiefsten Inneren und dann auch in seiner ganzen Existenz, ist. Das Herz ist deshalb auch der Ort der innersten Beweggründe eines Menschen. Wenn man etwas „in seinem Herzen bewegt“, wenn einem „etwas zu Herzen geht“, dann geht es um leibliche und seelische Erfahrungen. Es geht um den ganzen Menschen.

Auch die Wissenschaft kann „das Herz“, unsere innersten Beweggründe, nicht ausloten
Die im Herzen erfahrene und gesuchte Einheit bleibt jedoch zweideutig und von Spannungen bewegt, wenn nicht sogar zerrissen. Das Herz ist Sitz der Weisheit, aber auch der Bosheit. Und was einen Menschen wirklich bewegt, entzieht sich unserer Erkenntnis, auch unserer Selbsterkenntnis. Um einen anderen Menschen und sich selbst wirklich erkennen zu können, müsste man „ins Herz“ sehen können. Wie weit reichen hier unsere wissenschaftlichen Einsichten? Sie betreffen das Herz, können es aber wohl kaum bis auf den Grund durchschauen.

Das Herz als Metapher für die Identität des Menschen ist kultur- und epochenübergreifend
Das Herz als eine starke Metapher für die Identität des Menschen ist ein kultur- und epochenübergreifendes Phänomen. Die Menschenbilder mögen sich im Laufe der Jahrhunderte stark verändert haben. Doch wenn man die Aufforderung des Alten Testaments vernimmt, man solle Gott lieben „von ganzem Herzen“, dann ist das auch heute noch unmittelbar verständlich. Die Metaphorik des Herzens spricht uns heute mit ungebrochener Kraft an, auch wenn wir in einer ganz anderen Bilderwelt leben als in den vielen Jahrhunderten vor uns.

Die Metapher bleibt, obwohl das Herz in der Medizin als Organ austauschbar wurde
Wieso ist uns die Metapher für intensive Liebeserfahrungen wie auch für hohe Authentizität heute noch plausibel, wenn wir doch das Herz als ein Organ unter mehreren lebenswichtigen im menschlichen Körper kennen gelernt haben, wenn wir doch wissen, dass ein Herz transplantiert werden kann und doch der Mensch mit dem neuen Herzen in gewisser Weise der alte bleibt?

Beiträge beleuchten das Herz aus Sicht der Theologie und der Philosophie
Die Texte dieses Buches gehen der Frage nach, welche Vorstellungen vom Menschen sich mit dem Herz verbunden haben in biblischen Texten, in der christlichen Tradition, in der theologischen und philosophischen Reflexion. Die dokumentierte Tagung steht in einer Reihe von Tagungen zur Weisheitlichen Theologie, die seit mittlerweile zehn Jahren in Kooperation von der Evangelischen Akademie im Rheinland und der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel durchgeführt werden.

Veröffentlichung im Rahmen der Reihe zur Weisheitlichen Theologie
Die Reihe hat sich zum Ziel gesetzt, gerade jenen theologischen Themen nachzugehen, die an die Grenzen dessen rühren, was wir mit unserer konventionellen Sprache oder auch mit den üblichen Vorstellungen von der Welt noch fassen können. An diesen Grenzen zeigt die Theologie eine spezifische Tugend: Sie enthält sich einer letzten theoretischen Absicherung, sie macht das Wagnis, aber auch die Produktivität eines suchenden Denkens deutlich, das sich nicht einfach auf dem Boden des Feststellbaren absichern kann. Es geht in der weisheitlichen Theologie dementsprechend immer auch um Selbstbescheidung. Es geht jedoch nicht um die voreilige Bescheidung auf ein überschaubares Maß, nicht um eine Begrenzung der Ziele und auch nicht um eine Reduzierung der eigenen Ansprüche, sondern um die Kunst des Aushaltens von Fragen, auf die es keine einfachen Antworten gibt.

Grundfrage: Was können wir wirklich wissenschaftlich und theologisch wissen?
Was können wir wirklich wissenschaftlich und theologisch wissen, wo aber sind unseren menschlichen Mitteln Grenzen gesetzt, die wir beachten sollten, weil sich jenseits ihrer die Spekulation breit macht? Wie aber leuchten wir das Grenzgebiet aus? Welche Rolle spielt eine Sprache, die nicht nur diskursiv ist, sondern auch metaphorisch und poetisch, die in Bildern redet?

(aus dem Vorwort von Dr. Frank Vogelsang und Professor Dr. Johannes von Lüpke)