Internationale Tagung 2007: „Methoden in den Wissenschaften“

Hintergrund

Im April 2007 fand an der Evangelischen Akademie im Rheinland die zweite Tagung mit der europäischen Organisation ESSSAT statt. Sie handelte über „Herausforderungen und Grenzen wissenschaftlicher Modelle in Naturwissenschaften und Theologie“.

Zu Thema und Ziel der Tagung

Im 21. Jahrhundert scheinen die Naturwissenschaften die alleinige Deutungshoheit über das Verständnis unserer Wirklichkeit gewonnen zu haben. Nicht zuletzt die technischen Anwendungen naturwissenschaftlicher Erkenntnis führen zu einer klaren Hegemonie der Naturwissenschaften. Im Gegenzug haben sich Geisteswissenschaften wie die Theologie im 20. Jahrhundert auf die Interpretation von Texten zurückgezogen.

Jedoch gibt es gute Gründe, die Erklärungskraft der Naturwissenschaften für das Ganze der Wirklichkeit zu hinterfragen. Ebenso gibt es gute Gründe, auch die Theologie als eine weitere Quelle für die Interpretation der Wirklichkeit ins Gespräch zu bringen. Die Möglichkeiten, aber auch Grenzen der jeweiligen Disziplinen wurden auf der Tagung diskutiert.

Kooperationspartner der Tagung

Die Tagung fand statt in Kooperation mit dem Evangelischen Studienwerk e. V. Villigst , der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) e. V. und der European Society for the Study of Science and Theology (ESSSAT) .

An den beiden Tagen wurde überwiegend in Workshops gearbeitet. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Theologie, Philosophie und Naturwissenschaften referierten über ihre aktuellen Forschungsprojekte und Arbeitsvorhaben. Diese Werkstatt war international angelegt. Es gab Beiträge aus den USA, aus Italien, aus der Schweiz und Holland – und natürlich aus Deutschland.

Bedingt durch die Auftaktveranstaltung im Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig haben sich viele Beiträge insbesondere auf das Verhältnis von Biologie und Theologie eingelassen. In diesem Feld führen die extremen Positionen immer wieder zu heftigen öffentlichen Debatten, besonders wahrnehmbar an den Auseinandersetzungen um den Kreationismus in seinen vielen Varianten und die Intelligent Design Bewegung. So ist 2007 über einen Zeitraum von mehreren Wochen das Verhältnis von Schöpfung und Evolution in den Medien intensiv diskutiert worden. Das breite Interesse an dieser Frage zeigte, dass der Dialog zwischen Naturwissenschaften und Theologie bei weitem nicht nur ein akademisches Spezialthema ist, sondern dass es in diesem Dialog um unser Weltverständnis geht.

Referentinnen und Referenten der Workshops

Folgende Referentinnen und Referenten haben ihre Arbeiten im Rahmen der Workshops vorgestellt:

  • Prof. Dr. Andreas Beyer, Fachhochschule Gelsenkirchen
  • Claudia Blöser, Dipl.-Physikerin, Frankfurt a.M.
  • Ruth Böker, St. Andrews/Schottland
  • Dr. Markus Coeleveld, Aachen
  • Dr. Stephan van Erp, Nijmegen/Niederlande
  • Dr. Hans Jürgen Fischbeck, Joachimsthal
  • Dr. Almuth Hattenbach, Villigst
  • Michel Heijdra, M. Sc.M.A, Amsterdam
  • Prof. Dr. Jürgen Hübner, Heidelberg
  • Rebekka A. Klein, Dipl. Theol., Zürich
  • Andre Pascal Koch, Dipl. Biol., Bonn
  • Martin Krüger, Karlsruhe
  • Dr. Hubert Meisinger, Darmstadt
  • Dr.  Thorsten Moos, Wittenberg
  • Dr. Eberhard Müller, Villigst
  • Prof. Dr. Lluis Oviedo, Rom
  • Prof. Dr. Lothar Schäfer, Fayetteville, USA
  • Prof. Dr. Gunter M. Schütz, Jülich
  • Prof. Dr. Christian Schwarke, Dresden
  • Axel Siegemund, Dipl.-Ing., Dresden
  • Dr. Taede Smedes, Hillegom/Niederlande
  • Dr. Georg Souvignier, Aachen
  • Dr. Sven P. Thoms, Göttingen
  • Dr. Frank Vogelsang, Bonn

Blick in den Hörsaal bei der Auftaktveranstaltung im Museum Koenig

Öffentliche Auftaktveranstaltung im Museum Koenig: Evolution oder Schöpfung – ein unüberbrückbarer Gegensatz

Rund 220 Interessierte folgten am 20. April 2007 der gemeinsamen Einladung von Evangelischer Akademie im Rheinland und Zoologischem Forschungsmuseum Alexander Koenig .

Das große Interesse an dieser Veranstaltung belegte nachdrücklich, wie aktuell die Streitfrage „Evolution oder Schöpfung“ zwischen Theologie und Naturwissenschaften immer noch ist – auch heute, fast 150 Jahre nachdem Charles Darwin seine Forschungsergebnisse über die Entstehung der Arten veröffentlichte und eine neue naturwissenschaftliche Weltsicht eröffnete: „Der Mensch ist nicht die Krone der Schöpfung, sondern ein natürliches Glied in Kette der Mannigfaltigkeit des Lebendigen (…)“.

Stehen seither Naturwissenschaften und Theologie in Konkurrenz bei der Deutung der Welt – oder eröffnen sie nur beide unterschiedliche Sichtweisen und komplettieren so einander?

Auf dem Podium:
der Bonner Evolutionsbiologe Professor Klaus Peter Sauer und der Bochumer Theologe Professor Christian Link

An diesem Abend nahmen der  Evolutionsbiologe Professor Dr. Klaus Peter Sauer von der Universität Bonn und der Theologe Professor Dr. Christian Link von der Universität Bochum Stellung dazu.

In ihren Vorträgen und in der anschließenden Plenumsdiskussion machten sie deutlich, dass es  keine letzte Wahrheit gibt. Die wissenschaftliche Argumentation sowohl der Naturwissenschaften als auch der Theologie ist ein offener, selbstkritischer Suchprozess. Das Ergebnis der Wissenschaft ist die Verständigung über die Grundlagen ihrer Aussagen und – im Fall der Naturwissenschaften – der Versuch, daraus erfahrungsbezogene Hypothesen abzuleiten. Jede Wissenschaft kann dabei nur einen Teil der umfassenden Wirklichkeit unter der ihr eigenen Perspektive erfassen. Das gilt für die Theologie ebenso wie für die Evolutionsbiologie. Es gibt keine Theorie, die es vermag, das große Ganze der Wirklichkeit widerspruchsfrei und vollständig zu beschreiben.

„Der Mensch ist kein Zufall“

Der Aussage „Der Mensch ist kein Zufall“ können sowohl Evolutionstheorie als auch Theologie zustimmen. Die Evolutionstheorie kann nachweisen, dass der Selektionsmechanismus der Welt, wie sie ist, nur bestimmte Pfade der Entwicklung zulässt. Die Theologie bezieht sich auf den Schöpfungswillen Gottes.

Kurzbericht über die Tagung in englischer Sprache

From April 20 – 22, 2007, the conference “Challenges and Limitations of Models in Science and Theology” took place in the Protestant Academy of the Rhineland in Bonn. The conference was organised in cooperation with the European Society for the Study of Science and Theology (ESSSAT) and two central institutions of the Protestant Church in Germany: Evangelisches Studienwerk Villigst e.V. and Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) e.V.The limitations of models, of theories and metaphors are widely discussed in the dialogue between science and theology.

The following two questions point at central topics of the debate and where fundamental for the conference and its discussions:

  • Scientific models are able to deliver precise descriptions, but do they cover the entire reality?
  • Theological theories claim to give a complete description but how do we deal with the metaphorical language?

The opening session at the first evening took place in a biological research museum, Museum Koenig in Bonn. For the first time, such a cooperation was possible. Over 250 participants were involved in a discussion about the relation of evolution and creation. Two lectures were given, one by a biologist, Prof. Sauer, the other by a theologian, Prof. Link – both well known specialists in their field. They had met before to find a common ground for their lectures. Thus, they proposed a paper with ten theses about the relationship of both sciences. Two astonishing results may be reported shortly. The first one: Both agreed that evolutionary theory and the theological story of creation are narrative in character. The second one was, that even the biologist could assume that humanity did not develop merely by chance but that evolutionary theory acknowledges the impact of the ecological surrounding. The discussion that followed in the plenum was very lively and sometimes controversial.

During the following two days more than 50 participants discussed 23 papers, mainly of younger scientists, philosophers or theologians who presented their research projects in science and/or theology. Some of the participants had already taken part in a similar conference two years ago. But even more participants participated for the first time – which clearly signals a success and a raising interest in interdisciplinary questions. Important to notice from a theological point of view that there were several promising young scientists from natural sciences, who were engaged in such interdisciplinary discussions for the first time.

The papers, which are mostly written in German, only a few are in English, can still be read on the homepage of the academy. The titles cover a wide range of themes, from biology to quantum physics, from the use of metaphors in scientific languages to the implications of neurological research. Proceedings with the papers will be published in due course of the conference.

Tagungsdokumentation in der Reihe „Begegnungen“

Frank Vogelsang, Hubert Meisinger (Hg.):
Herausforderungen und Grenzen wissenschaftlicher Modelle in Naturwissenschaften und Theologie.
Zweite interdisziplinäre Werkstatt
Dokumentation der Tagung 16/2007
20. – 22. April 2007
(= Begegnungen 16/2007)
Bonn, 2008
ISBN 978-3-937621-22-7
12,00 Euro

Das Buch ist über den Buchhandel oder direkt bei der Akademie zu beziehen.
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